Refurbished – ist ein hippes neudeutsches Wort für „wieder Instandgesetzt“, oder schlicht: „Repariert wo notwendig“. Naja, wie auch immer, ich habe mir Mitte 2017 mal eine neue Tastatur gegönnt, weil die grade bei Amazon Prime deutlich heruntergesetzt war, in meinem Fall war das eine BlackWidow Chroma V2 von Razer. Heute, Anfang 2021, ca. dreieinhalb Jahre später muss ich sagen: Ich mag die Tastatur immer noch sehr gerne, und sie funktioniert tadellos wie am ersten Tag. Sie hat zwar Ihre Schwächen (Medientasten inkl. Lautstärke nicht auf dedizierten Tasten und nur über fn-Key erreichbar, Makro-Tasten sind unter Linux nervig zu benutzen, etc..), aber sonst: eine solide mechanische Tastatur mit RGB-Funktionalität.Mit der Handballenablage sieht es etwas anders aus. zu meinem Leidwesen ist diese mit Kunstleder bezogen (Kunstleder ist scheisse; sobald das nicht mehr so neu und frisch ist, fusselt es einem nur die Bude voll und sieht einfach furchtbar aus). Es kam wie es kommen musste, irgendwann fingen einige Stellen an, sich durchzureiben, und die Handballenablage wurde unansehnlich – von den ganzen schwarzen Fusseln mal abgesehen. Es gibt von Razer glücklicherweise Ersatz-Wrist-Rests (Handballenablagen) …so dachte ich zumindest. Die, die man von Razer kaufen kann („Razer Wrist Wrest“) hat den falschen Anlegewinkel an die Tastatur, die „rutschfesten Gummifüße“ sind so rutschfest wie alle anderen auch (nämlich gar nicht), und, die Handballenauflage hat im Gegensatz zu der, die bei der Tastatur dabei ist, keine Magnete, die Ablage und Tastatur beieinander halten. Was also tun?
Ich hatte noch von früheren Experimenten mit dem Nähen von Corona-Atemschutzmasken aus Stoff noch Reste von schwarzen und dunkel-türkisem Stoffen übrig. Konkret war das Baumwolljersey (diese hier, aber die genaue Farbe „Light Petrol“ scheint es nicht mehr zu geben), und da ich meist eh türkise (teal, cyan, … ) Beleuchtung anhabe, dachte ich mir, warum das nicht mal versuchen mit Stoff zu beziehen? Die neu gekaufte, nicht so gut passende und nicht magnetisch Razer Ersatz-Handballenablage ist also direkt zur Tastatur meiner Freundin gewandert (wo die deutlich besser dran passt) und ich habe angefangen, die Handballenablage auseinander zu schrauben. Nachdem die Plastikschale gebadet und desinfiziert wurde (denn dort haben sich die kollektiven Hautschuppen dieser Welt drin versammelt) ging es also los.Ober- und Unterseite der Ablage sind mit 3 Schrauben verbunden, nachdem die raus sind, wird das Teil nur noch von Plastik-Clipsies zusammengehalten, welche man aber leicht auseinander kriegt. Als Vorbereitung zur weiteren Schritten müssen erst einmal die losen Fitzelchen von schwarzem Kunstleder abgepflückt werden, und danach für bessere Haltbarkeit einmal alles mit Isoprop sauber machen. Ein Stück Stoff großzügig abschneiden und schon mal Papier auf dem Boden auslegen.
Wenn man entschieden hat, welche Seite Stoff die schönere ist, und den Stoff nicht zu kurz abgeschnitten hat, kann die Ablage großzügig mit Sprühkleber eingenebelt werden. Ich habe genommen, was grade da war, in diesem Fall war das „77 – Sprühklebstoff mit kurzer Klebspanne“ von 3M.
Den Kleber so ~10 Sekunden ziehen lassen, und dann (am besten zu Zweit) den Stoff von einer Seite aus vorsichtig und faltenfrei andrücken. Nach ein paar Sekunden das ganze Konstrukt umdrehen und am besten auf eine neue Unterlage legen, damit nichts anpappt. Die Unterseite der Ablage wird an den Rändern noch eingesprüht, und nach ein paar Sekunden werden die Stoffkanten umgelegt. Die 45°-Ecken sind am kniffligsten, hier muss man ein bisschen aufpassen, ansonsten ist das Ganze „Straight Forward“ wie man so schön sagt. Bis hierhin war das alles wirklich viel einfacher als befürchtet. Wenn Falten vorhanden sind, sollten man die jetzt sofort beheben, am besten den Stoff noch mal kurz abziehen und Falten glätten, solange der Kleber noch nicht voll angebunden hat. Bei dem, den ich verwendet habe, ging das nach ca. einer Minute noch problemlos.
Bei den Ecken oder etwas losen Stellen kann man optional Zwingen oder Klemmen zur Hilfe nehmen, damit der Kleber dort auch wirklich fest anzieht.
Wenn so nach 10 Minuten alles halbwegs fest ist, sollte man am besten ein scharfes Messer (z.B. ein Skalpell mit Einwegklingen) nehmen, und anfangen schon mal grob den Überstand zu entfernen.
Mit einem Scharfen Messer funktioniert sowas immer besser, und man hat nicht so viele Ausrisse. Ich habe den Stoff etwa so weit überstehen lassen, wie auch das originale Kunstleder umgeschlagen war.
Die 45°-Ecken muss man sinnvollerweise noch mal Nachkleben. Am einfachsten geht das , wenn man etwas mehr Sprühkleber auf Papier gibt, und dann mit dem Finger dort verteilt, wo er hin soll. Wenn die Überlappung nicht so kleben bleiben will, wie sie soll, kann man wieder Zwingen zur Hilfe nehmen, allerdings empfiehlt es sich, irgendwas dazwischen zu klemmen, wo der Kleber nicht anhaftet. Ich habe einfach dünne Dokumentenhüllen aus Kunststofffolie genommen.
Jetzt kann man abschließende Arbeiten durchführen. Alle Schnittkanten begradigen, überprüfen, ob sich nicht irgendwo ein Knubbel oder – schlimmer noch – Falten gebildet haben, und vor allem: Warten! Man will den Kleber komplett aushärten lassen, denn wenn der noch „sticky“ ist, wenn man die Handballenablage wieder zusammenbaut, wird man die wohl nie wieder ausseinander bekommen. Also mindestens mal eine halbe Stunde warten ist jetzt angesagt (je nach Kleber).
Wenn Alles trocken ist, können beide Hälften wieder zusammengebaut werden. Alles ist jetzt ein bisschen enger zusammengebaut, weil ich ja den originalen Bezug draufgelassen habe. Die Plastik-Clipsies sind also etwas widerspenstiger, aber es ließ sich trotzdem alles normal zusammenstecken und -schrauben.
Fazit:
Ich bin mit dem Ergebnis mehr als zufrieden. Ich hatte erst überlegt, ob schwarzer Stoff nicht besser aussähe, aber ich mag Türkis, und ich finde, der Aufwand hat sich deutlich gelohnt, und die Farbe sieht toll aus. Nicht nur sieht Alles gut aus, und war relativ einfach so aufziehbar, dass man keine großartigen Kanten sieht, der Stoff fühlt sich wirklich deutlich besser an als das Kunstleder. Nicht zuletzt fühlt sich die Ablage bedingt durch die zusätzliche Lage Material wieder etwas „fester“ und damit neuer und wertiger an. Auch die „Lücke“, in die Staub und Hautschuppen in die Tastaturablage gelangen können ist jetzt deutlich kleiner.
Ich hab keine Ahnung wie lange der Stoff durchhält, oder wie lange er ansehnlich aussieht, aber Stoff kriegt man eigentlich ganz gut sauber, und darüber hinaus könnte man die Prozedur im Zweifel einfach irgendwann wiederholen; vielleicht nächstes Mal mit einer hübschen Stickerei. Mal sehen…
Ha, klasse Idee! Bei meiner Ornata Chroma geht auch das Kunstleder vom Handballenschutz in die Knie und ich hab gesucht ob man die irgendwo aufschrauben kann. Die Schrauben sind so nicht sichtbar, wahrscheinlich unter den Rutschfüßchen versteckt. Tipps, wie ich die schadenfrei abgelöst bekomme? 🙂
Idealerweise will man eines der größeren iFixIt-Kits haben, da ist eigentlich alles drin was man braucht, von Plastik-Plektrons über flache Metall-Spatel. Kunststoffgehäuse sind eigentlich alle immer mit Plastik-Klipsen zusammengehalten sowie ggf. ein paar wenigen Schrauben. Wenn man sicher alle Schrauben entfernt hat (teilw. auch unter Aufklebern von Typenschildern), würde ich grade bei so was langem, schmalen wie einer Handballenauflage erst mal versuchen, das Teil etwas zu twisten, also in etwa die Bewegung wie ein Handtuch auszuwringen. Oft ergeben sich dabei schon Spaltmaße, die groß genug sind, so ein Plektrum zwischenzuschieben. Der Rest ist Fleißarbeit. Die Rutschfüße sind auch unproblematisch. Ein bisschen Hitze von einem Föhn (ein paar Sekunden reichen üblicherweise, nicht zu lange draufhalten!) macht den Kleber darunter normalerweise so weich, dass man das mit einer Pinzette üblicherweise schadfrei runter kriegt.
Viel Erfolg.
GEIL ! Habe es soeben bei meiner Handballenauflage nach deiner Anleitung gemacht. Schwarzer Akustik Stoff, hatte den noch übrig von den Lautsprechern, fühlt sich nun wieder an wie neu und ist besser als das Kunstleder vorher.
VIELEN VIELEN DANK!!
Danke. Schön, dass es dir gefällt 🙂
Hi wollte mich nochmal für deinen Guide bedanken, hat super funktioniert. Musste allerdings ein wenig googlen bis ich ihn gefunden habe.
Ich habe mich für Alcantara entschieden, bin mit dem Ergebnis auch sehr zu Frieden. Liebe Grüße.
Hi Strucki,
Vielen Dank. Alcantara sieht bestimmt auch gut aus. Was im Auto am Dachhimmel geht, kann der Tastatur auch nicht schaden.
VG,
zeus
Ich habe die Anleitung auch genutzt und es hat super funktioniert. Ich habe wieder Kunstleder genutzt und es hat alles geklappt. Bei mir kam allerdings noch etwas hinzu was ich nicht bedacht hatte.
Beim auseinander bauen sind die Magnete rausgefallen aus der Handballenauflage. Tipp: Vor dem Zusammenbau die Polarität testen sonst muss man so wie ich das ding erneut auseinander bauen 🙂
Bin mit dem Ergebnis auch sehr zufrieden.
Habe genau die selbe Idee gehabt und mich informiert, ob das schon jemand beschrieben hatte. Danke!
Ich habe leider ein Razer-Headset bei dem sich das Kunstleder auflöst. Blöderweise kann man es dort nicht einfach kaschieren und überall fliegen diese schwarzen Fusseln rum. Ich finde es verwunderlich, dass man als großer Hersteller derartige Materialien über verschiedene Produktgruppen einsetzt.
Absolut deiner Meinung. Kunstleder ist scheisse. Es sieht halt nur einfach weniger „billig“ aus, als es eigentlich ist, wenn es noch neu ist.
Hey, super Anleitung, dafür erstmal vielen Dank! Mich würde interessieren, welche Art Stoff du verwendet hast?
Beste Grüße
Hallo Dom,
hab ich doch im Text verlinkt. Das war Baumwolljersey, im Text ist doch sogar ein (non-affiliate) Amazon-Link angegeben.
Hey danke, das nervte mich auch schon eine ganze Weile. Habe es jetzt mit selbstklebender Alcantarafolie bezogen. Ging recht easy.